Deutsche fühlen mit dem Kopf, Chinesen mit dem Herzen

 

Auszug aus dem Buch „Die Langnasen“, das verrät, was die beiden Völker unterscheidet und was sie vereint

In einem sind sich die Chinesen weitgehend einig: Die Deutschen sind stur. Sie haben einen unbeugsamen Charakter. Typisch für die Chinesen hingegen sei die menschliche Wärme.

„Was den Deutschen fehlt, haben wir Chinesen im Überfluss, und was uns Chinesen fehlt, haben die Deutschen im Überfluss“, sagt der Pianist S. aus Beijing. „Den Deutschen ist eine strenge Disziplin und die Liebe zur Perfektion zu eigen. Wir Chinesen halten nicht viel von Disziplin und mit vielen Dingen nehmen wir es nicht so genau. Wir sind oft unbeherrscht und wissen nicht wohin mit unseren Gefühlen. Da sind die Deutschen ganz anders. Sie sind strikt und konsequent. Sie sind Kopfmenschen. Es fehlt ihnen an Sensibilität. Das wird in der Musik sehr deutlich. Ich kenne keinen deutschen Pianisten, der es versteht, Chopin gut zu spielen. Wir Chinesen entwickeln da viel mehr Gefühl. Ich spielte einmal in Deutschland vor einer Gruppe ausländischer Diplomaten Stücke von Chopin und Beethoven. Nach dem Konzert gratulierte mir der polnische Botschafter und erklärte vor versammeltem Publikum: „Ich habe noch keinen Deutschen so gut Chopin spielen hören wie diesen jungen Chinesen.“ Der deutsche Vertreter des Auswärtigen Amtes konterte blitzschnell: „Und ich habe noch keinen Polen so gut Beethoven spielen hören wie es dieser junge Chinese vermag.“ Darauf folgte großes Gelächter und alle waren guter Dinge. Ich habe das nie vergessen, weniger wegen des Lobes, als vielmehr wegen des wahren Kerns in der Aussage. Die Polen tragen ein ähnliches Feuer in sich wie wir Chinesen. Ebenso wie wir lieben sie die Romantik und die Poesie. Unsere lange Tradition der Malerei und Poesie, die abstrakten Landschaftsbilder, die Tang-Gedichte, all das gehört zu unserer Kultur. Sich am Kunstgenuss zu berauschen, das ist etwas, was uns Chinesen im Blut steckt. Die Deutschen hingegen sind streng, ernst und genau. Beethoven und Brahms sind typisch deutsche Komponisten. Sie sind überwältigend, grandios, aber nicht romantisch. Wenn Chinesen klassische europäische Musik studieren wollen, zumal deutsche, dann rate ich ihnen immer, sich zuerst Beethoven mit zu beschäftigen, weil genau das, was uns fehlt, in seiner Musik steckt: strikte Genauigkeit und Perfektion.“

Chinesen ordnen sich nicht gern unter, auch nicht als Mitglieder in einem Orchester. Wer in China Musik studiert, möchte Solist werden und betrachtet Lang Lang oder Ma Yoyo als Vorbild. Chinesen lieben es, als Solist oder als Dirigent aufzutreten. Mitglied eines Orchesters zu sein, ist für ehrgeizige Musikstudenten wenig erstrebenswert. In dieser Hinsicht sind die Deutschen ganz anders. Die Deutschen bilden phantastische Orchester, weil sie bereit sind, sich unterzuordnen und zu gehorchen. Das liegt ihnen im Blut. Und die Chinesen? Um das herauszufinden, empfiehlt der Pianist S. den Besuch eines buddhistischen Klosters und einer deutschen Kirche. „Der leiernde Singsang der Mönche und Nonnen in einem chinesischen Kloster zeugt davon, dass jeder singt wie es ihm beliebt. So gefällt es uns. In einer deutschen Kirche braucht nur die Orgel aufzuspielen und schon greifen die Gläubigen zu ihren Gesangbüchern, um Text und Noten zu verfolgen und es entsteht ein harmonischer Gesang. Die Deutschen nehmen die Musik sehr ernst. Sie begleitet sie durch ihr tägliches Leben. Es gibt sie für alle Lebenslagen. Für Hochzeiten ebenso wie für Beerdigungen, für Festessen wie für Wasserspiele oder Meditationen. Selbst beim Militär geht es nicht ohne Musik. Im Gleichschritt marsch! So sind die Deutschen.“