Im erlesenen „Manet Club“ zu Beijing

  

Wie es manchmal so ist: ein Freund oder eine Freundin schleppt einen mit, und plötzlich findet man sich in einer Umgebung wieder, in die man sonst wohl eher nicht so leicht hineingeraten wäre. So ging es mir in Beijing, als eine Freundin zum Essen in den „Manet Club“ eingeladen wurde und ich sie kurz entschlossen begleitete. Ich traute meinen Augen kaum angesichts dessen, was mich dort erwartete.

Betuchte Chinesen haben heute in jeder Beziehung hohe Ansprüche, und manche sind erstaunt über den oft mangelnden oder auch verstaubten Luxus europäischer Häuser. Chinesische Städte wie Beijing und Shanghai sind da ganz anders aufgestellt. Sie verfügen über eine Vielzahl von Örtlichkeiten, die diese ausgesuchte Klientel angemessen zu bedienen weiß. Natürlich sind hervorragender Service und exquisite Speisen eine Selbstverständlichkeit, ebenso ein luxuriöses Ambiente.

Diskretion ist ein Muss. Nicht jeder lässt sich gern von fremden Gästen beobachten. Für Gesellschaften jeder Art und Größe gibt es entsprechende Separees, in denen in ungestörter Atmosphäre vertrauliche Gespräche und angeregte Diskussionen geführt oder Partys gefeiert werden können. Gern gesehen ist es, wenn die gesamte Location ein hohes kulturelles Niveau ausstrahlt, denn obwohl für viele Menschen im heutigen China nur noch das Geld zählt, schätzen sie doch den Wert von Kultur. All diesen Ansprüchen wird der „Manet Club“ im nordwestlichen Haidian-Bezirk Beijings gerecht, zu dem nur Mitglieder und ihre Gäste Zutritt haben. Hier treffen sich die Erfolgreichen aus Wirtschaft, Politik und Kultur.

Die beeindruckende Anlage erstreckt sich mit weitläufigem Gebäudekomplex, Park und Wasserspielen über eine Fläche von mehr als zwanzigtausend Quadratmetern und bietet für jeden Anlass passende Räumlichkeiten: ob Tagung, Hochzeit, Privatkonzert oder trautes Essen zu zweit, ob kurzer Besuch oder mehrtätiger Aufenthalt in einer Suite mit Nutzung von Bibliotheksräumen, Spa und Fitnessangeboten. Wer Luxus sucht und ihn bezahlen kann, ist hier richtig.

Inspiriert wurden die Initiatoren von den französischen Impressionisten und dem Lebensstil, den insbesondere Edouard Manet in manchen seiner Gemälde festhielt. Dass die Kunst ein zentrales Anliegen dieses Clubs ist, bemerkt der Besucher nicht nur am vielsagenden Namen, sondern gleich nach seiner Ankunft, wenn er neben der Empfangshalle die weitläufigen Galerieräume entdeckt, die – mit ausgedienten Holzplanken alter Schiffe ungewöhnlich rustikal ausgestattet – für wechselnde Kunstausstellungen und Kunstauktionen reichlich Platz bieten.

Ganz anders dagegen die vornehmen Separees und luxuriösen Salons im übrigen Teil der Anlage, wo dicke Teppiche jeden Schritt abfedern. Im europäischen Stil üppig ausgestattet und mit Ausblick auf den schön angelegten Park bieten die Räumlichkeiten eine Atmosphäre erfrischender Stille, die ein kurzfristiges Aufatmen von der Hektik des modernen chinesischen Alltags gewähren. Den europäischen Besucher lassen sie fast vergessen, in China zu sein. Oder auch nicht, denn eine solche Häufung europäischer Klassik vom Feinsten findet man im Moment wohl nur in China.

Meine Freundin und ich waren begeistert, vor allem von den erlesenen Speisen und dem hervorragenden Wein, und dass zum Schluss die stattliche Rechnung jemand anderes bezahlte, fanden wir auch recht angenehm.